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Nicht alles was Recht ist, ist recht

Das Schweizer Tierschutzgesetz wird gemeinhin als eines der besten der Welt angepriesen. Das Gebot, Tiere zu schützen ist bei uns verfassungsrechtlich verankert und der Bund hat die Aufgabe, Gesetze und Verordnungen zu erlassen. Das Tierschutzgesetz hat den Zweck, die Würde und das Wohlergehen des Tieres zu schützen (Art. 1 TschG). Wer mit Tieren umgeht, hat demnach die Pflicht, deren Bedürfnissen in bestmöglicher Weise Rechnung zu tragen und, soweit es der Verwendungszweck zulässt, für ihr Wohlergehen zu sorgen. Niemand darf ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, es in Angst versetzen oder in anderer Weise sein Würde missachten. Das Misshandeln, Vernachlässigen oder unnötige Überanstrengen von Tieren ist verboten (Art. 4 TschG). Was im Gesetz noch gut klingt, ist in der Tierschutzverordnung teilweise nur rudimentär oder gar widersprüchlich umgesetzt. So dürfen Pferde allein gehalten werden, wenn sie Sicht-, Hör- und Geruchskontakt zu einem anderen Pferd haben. Versuchstiere werden monatelang in kleinen Gitterkäfigen ohne Einstreu einzeln gehalten. Andere Tierarten sind praktisch gar nicht geschützt. So ist das Fangen und insbesondere das Drillen von Fischen, welches mit Schmerzen, Leiden, Schäden und Angst verbunden ist, nicht verboten. Die tierquälerische Baujagd mit Hunden ist ausdrücklich erlaubt, obwohl Hund und Fuchs dabei schwer verletzt werden oder gar zu Tode kommen können. Fischen und Jagen sind grösstenteils durch das Bundesgesetz über die Fischerei (BGF) sowie das Bundesgesetz über Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (JSG) geregelt, die klar und definitionsgemäss keine Tierschutzgesetze sind. Pointiert ausgedrückt sind Fischer und Jäger Tiernutzer, die mit dem Segen des Gesetzes Tiere quälen dürfen. Aufklärung ist deshalb dringend von Nöten und besser wie die anderen zu sein ist eben noch immer ungenügend.


Tiere sind keine Sachen

Seit dem 1. April 2003 gelten Tiere in der Schweiz nicht mehr als Sache und sind somit vom Objektstatus befreit (Art. 641a, ZGB). Der Gesetzgeber wollte damit vor allem dem Umstand Rechnung tragen, dass Tiere empfindungs- und leidensfähige Wesen sind. Die Beifreiung vom Objektstatus beziehungsweise die eigene Rechtsstellung der Tiere zeigt sich insbesondere im Privatrecht. Verschiedene Kapitel wie etwa das Fund-, Erb-, Scheidungs- und Schadenersatzrecht wurden der veränderten Mensch-Tier-Beziehung angepasst. Diese neuen Regelungen betreffen hingegen weitgehend nur Heimtiere und sie sind in verschiedenen Bereichen des Zivil- und Obligationenrechtes zu finden. Konkret gibt es etwa Auswirkungen auf die richterliche Zusprechung von Tieren im Scheidungsfall. Bei einer Schadensbemessung wird zusätzlich der gefühlsmässige Wert des Tieres berücksichtigt, was beispielsweise bei der Schadenersatzpflicht für die Heilungskosten verletzter Tiere entscheidend ist.


Kein Kavaliersdelikt

Jedes Gesetz ist nur gut und nützlich, wenn es auch konsequent vollzogen wird. Dies gilt insbesondere auch für das Tierschutzgesetz, weil Tierschutzverstösse keine Kavaliersdelikte und von Amtes wegen verfolgt werden müssen. Die kantonale Ahndung von Tierschutzstraffällen zeigt aber riesige Unterschiede. Vorbildliche Kantone wie Zürich, Bern, St. Gallen oder Aargau verfolgen gemäss der Stiftung für das Tier im Recht jährlich pro 10'000 Einwohner bis zu 5 Tierquälereien oder übrige Widerhandlungen. Die Schlusslichter Genf, Glarus und die Innerschweizer Kantone gerade mal einen Fall pro Jahr. Dies lässt vermuten, dass die Dunkelziffer der nicht verfolgten Fälle hoch ist. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Damit ein Vollzug effektiv ist, müssen taugliche Strukturen und genügend Fachwissen bei den beteiligten Organen vorhanden sein. Wenn Veterinärämter gehäuft Tierschutzvergehen bilateral mit dem Täter klären, kann dies sinnvoll für die betroffenen Tiere sein. Eine Strafverfolgung sollte aber trotzdem eingeleitet werden, nicht zuletzt wegen ihrer präventiven Wirkung auf mögliche weitere Tierquäler. Oft genug passieren aber auch den polizeilichen Organen und den Untersuchungsbehörden Fehler bei der Beweissicherung, sei es aus Unkenntnis der einschlägigen Bestimmungen oder wegen mangelhaften Tierwissens. Ziel muss es daher sein, Strukturen und vor allem Fachwissen an die entsprechenden Organe zu vermitteln. Zusammen mit Tier im Recht bietet Kompanima daher ab 2016 eine praxisorientierte Weiterbildung für die Polizeikorps der Deutschschweiz an.


Nachwuchs in Ethikfragen

Das Doktoratsprogramm „Law and animals: Ethics at crossroads“ der rechtswissenschaftlichen Fakultäten der Universität Basel und Zürich bot in einem europaweit einzigartigen Studienzyklus Ausbildung und Forschung auf dem Gebiet des Tierrechts. „Law and animals“ gilt als ein junges, aufstrebendes Rechtsgebiet. Das Interesse der angehenden Juristinnen und Juristen an den Aspekten des gesellschaftlichen und rechtlichen Umgangs mit Tieren ist sehr erfreulich. Und die Haldimann-Stiftung konnte mittels Anschubstipendien verschiedene Projekte erfolgreich unterstützen.


Zuerst das Fressen, dann die Moral

Die Stellung der Tiere in unserer Gesellschaft ist unbestritten abweichend von derjenigen des Menschen. Dies sehen wir allein daran, was wir mit Tieren im Unterschied zum Menschen alles machen dürfen. Wir sperren sie in Ställe, um sie zu mästen, zu töten und zu essen. Wir züchten sie nach unseren Wünschen, kaufen und verkaufen sie. Sie belustigen uns im Zirkus oder sind Experimentierobjekte in Tierversuchen. Fragen wir uns aber auch immer, ob wir dem Anspruch nach dem Schutz ihrer Würde gerecht werden? Machen wir uns die Mühe zu wissen, wann die Würde des Tieres verletzt ist? Ist sie es nur, wenn wir ihm Schmerzen, Leiden, Schäden oder Ängste zufügen? Gemäss Tierschutzgesetz liegt eine Würdeverletzung nur dann vor, wenn eine Belastung des Tieres nicht durch überwiegende Interessen gerechtfertigt werden kann (Art. 3 lit. a TschG). Nun sind aber unsere Interessen fast immer überwiegend und die Tiere haben den Schaden in Kauf zu nehmen. Sogar die banalsten Interessen des Menschen wie Genuss, Luxus oder das pure Vergnügen werden über Leben und Leiden der Tiere gestellt werden. Beispiele sind Tierprodukte für die Mode, für sognannte Feinschmecker, aber auch die Zurschaustellung von Tieren zu unserer Unterhaltung. Wir sollten lernen, Tiere einfach als Mitgeschöpfe in ihrem Selbstzweck zu sehen und sie nicht immer für unsere Zwecke instrumentalisieren. Tiere würdevoll zu behandeln und sie zu respektieren heisst, sich dieser Güterabwägung zu stellen und sein Handeln zu überdenken. Kompanima wird speziell im Rahmen der Ausbildung zum Tierschutzexperten dieser Thematik ein grosses Gewicht beimessen.

Kompetent

im Tierrecht

Fragen zum Thema Tierrecht sind häufig komplex und brauchen viel Hintergrundwissen. Die folgenden Webseiten geben die nötigen Informationen und bieten Kontakt zu Experten für Rechtsauskünfte.


Hintergrund

Ethischer Umgang mit Fischen

Die eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) präsentiert in ihrem Bericht ihre Überlegungen und Empfehlungen für die Gesetzgebung und die Praxis zum ethischen Umgang mit Fischen.